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EUWID VERPACKUNG | AUSGABE 10/2022 VOM 11.03.2022


Nischenmarkt Kunststoffpaletten: Nachhaltigkeit als wichtiger Treiber

Hersteller mit guter Umsatzlage / Wachsende Nachfrage im Pooling-Geschäft

 

Im Markt für Paletten ist die Holzpalette Industriestandard. Doch auch die Kunststoffpalette, noch ein Nischensegment, bietet Vorteile. Sie könnte gerade im Zuge der Themen Nachhaltigkeit, Industrie 4.0 und Hygiene an Bedeutung gewinnen, sind sich verschiedene vom EUWID befragte Branchenkenner sicher. Wichtigste Vertreter sind hier die H1
Hygienepalette, die insbesondere in der Lebensmittelindustrie zum Einsatz kommt und die Viertelpalette für die Verwendung im Handel.

 

Der Markt für Kunststoffpaletten

 

Noch immer hat die Holzpalette im Massenmarkt der Transportverpackungen die Nase vorn. Allein 2020 wurden nach Angaben der European Pallet Association (EPAL), Düsseldorf, 123,5 Mio EPAL-Paletten neu produziert bzw. repariert. Der Bundesverband Holzpackmittel, Paletten, Exportverpackung (HPE), Bad Honnef, geht sogar davon aus, dass alleine in Deutschland 2020 knapp 110,4 Mio Paletten hergestellt wurden. Doch welche Chancen hat vor diesem Hintergrund die Kunststoffpalette? Hierüber sprach der EUWID Verpackung mit Marktteilnehmern.


Dass der Markt für Kunststoffpaletten aktuell noch eine Nische darstellt, bestätigt Ekart Kuhn, geschäftsführender Gesellschafter von dem auf Transportverpackungen und Logistik spezialisierten Beratungsunternehmen Ekupac, Köln. Er geht davon aus, dass der Anteil der Kunststoffpaletten am deutschen Palettenmarkt rund 10 % beträgt. Vorherrschend sei hier vor allem die H1-Hygienepalette für den Transport von frischer Ware. Sie wurde ursprünglich für die Bedürfnisse der Fleischindustrie entwickelt. „Alles andere sind eher kleine Mengen oder Einwegpaletten etwa für den Export nach Übersee", so Kuhn.

 

Einsatz in der Belieferung von Handelsfilialen

 

Auch im Bereich der Poolingdienstleistungen spiele die Kunststoffpalette eher eine untergeordnete Rolle. Einer der größten Bestände ist hier nach Einschätzung von Kuhn das Volumen des dänischen Transport- und Logistikunternehmens DSV, Hedehusen, und der deutschen dm-Drogeriemarktkette, Karlsruhe. Seit 2015 nutzt das Handelsunternehmen beim Transport zwischen den Verteilzentren und den dm-Märkten Kunststoffpaletten. Wie aus einer zum Start der Kooperation veröffentlichten Mitteilung hervorgeht, rechneten die Projektpartner allein zum damaligen Zeitpunkt mit 15 Mio Palettenbewegungen im Rahmen der Vertragslaufzeit. Laut dm-Nachhaltigkeitsbericht zum Geschäftsjahr 2019/20 ist die eingesetzte Kunststoffpalette ungefähr sieben Kilogramm leichter als herkömmliche Holzpaletten. Durch das geringere Gewicht benötigten die Lkws zur Belieferung der dm-Märkte weniger Treibstoff. Zudem könne eine Kunststoffpalette den Kreislauf zwischen Verteilzentrum und dm-Markt mehr als 50-mal durchlaufen, ehe sie ersetzt werden muss. Holzpaletten hingegen nur achtmal. Ferner seien die Kunststoffpaletten zu 100 % recycelbar.

 

Eine weitere wichtige Kunststoffpalette ist laut Kuhn die sogenannte Viertelpalette. Hier könne man von einem geschätzten Bestand von rund 20 Mio Stück ausgehen. Sie werde von Poolingdienstleistern wie Chep und IPP verwendet und komme vor allem im Handel im Display-Bereich zum Einsatz. Hinzu komme die Heilbronner Palette der Neckarsulmer Schwarz-Gruppe. Daneben gebe es Sonderformate im Pharma-Bereich.

 

Wachstumschancen trotz knapper Rohstoffversorgung

 

Wie hat sich die Kunststoffpalette im vergangenen Jahr angesichts knapper Rohstoffe und hohen Granulatpreisen entwickelt? Dass 2021 ein gutes Umsatzjahr war, bestätigt der belgische Palettenhersteller Smart-Flow, Moeskroen, auf Anfrage des EUWID. So habe etwa die Situation der Holzbranche einige Möglichkeiten geboten, zusätzliche Kunststoffpaletten zu verkaufen. Das Unternehmen habe auch neue Kunden gewonnen, die aufgrund der Holzsituation die Vorteile von Kunststoff erkannt hätten und nun weiterhin mit Kunststoffpaletten arbeiteten, teilt Smart-Flow mit. Zu den Hauptabsatzmärkten zählten dabei Lebensmittel, Pharma, Einzelhandel und die Logistik. Trotz der hohen

 

Materialpreise und der teils knappen Versorgungslage habe Smart-Flow bei der Produktion von Kunststoffpaletten und -behältern nie einen wirklichen Engpass verzeichnet. „Dies ist den großen Lagerbeständen an Rohstoffen zu verdanken, die wir haben", erklärt das Unternehmen.

 

Verhaltener sieht Thomas Göbel, Leiter Vertrieb Kunststoff bei der Craemer GmbH, Herzebrock-Clarholz, die Situation: „Die Kunststoffpalette ist ein Nischenprodukt." Starker Preisdruck und zurückhaltende Bestellungen kennzeichneten laut Göbel den Markt für Kunststoffpaletten im vergangenen Jahr. Zudem führten fehlende Zusatzteile wie Chips zu Produktionsverschiebungen. Spezialtypen seien nicht ohne Weiteres immer verfügbar gewesen. „Die Steigerungen im Preis sind unnormal hoch und können schwer in engem Zeitfenster weitergegeben werden", so Göbel weiter. Auch zum Start in das Jahr 2022 bleibe die Materialsituation angespannt. „Die Auftragslage ist okay, aber aufgrund der insgesamt unruhigen Lage schwer vorherzusehen, wie es weitergeht", erklärt der Vertriebsleiter. In Sachen Nachhaltigkeit und Industrie 4.0 sieht Göbel die Palette als ein Vorzeigeprodukt.

 

Operative Vorteile in der Logistik und beim Transport

 

Seit Sommer 2019 nutzt die auf Pharma, Kosmetik und Consumer Electronics spezialisierte Logistikgruppe trans-o-flex, Weinheim, die Kunststoffpalette im nationalen internen Fernverkehr. Dafür hat der Logistiker nach eigenen Angaben rund 30.000 H1-Paletten aus Polyethylen des Herstellers Schoeller Allibert, Berlin, für rund eine Million Euro gekauft (s. EUWID VP 37/2019). Wie Wolfgang P. Albeck, Vorsitzender Geschäftsführer erklärt, hat der Umstieg auf Kunststoffpaletten zu operativen Vorteilen geführt und die Nachhaltigkeit bei trans-o-flex erhöht. Die bisherigen Europaletten aus Holz haben laut dem Logistikunternehmen im Durchschnitt nur acht Umläufe ausgehalten. „Danach waren sie so beschädigt, dass sie ausgetauscht werden mussten", berichtet Albeck. Die neuen Euro-H1-Paletten halten laut dem Unternehmen mehr als 500 Umläufe aus. Die Kunststoffpalette sei außerdem leichter als eine Palette aus Holz, die neu 24 Kilo wiege und im Laufe ihres kurzen Lebens immer mehr Feuchtigkeit aufnehme und noch schwerer werde. Die Palette aus Plastik wiege 18 Kilo, also ein Viertel weniger, und halte Gewicht und Aussehen.
Außerdem seien die Kunststoffpaletten, solange sie einsatzfähig sind, GDP-konform. „Ein weiterer Vorteil ist, dass die Kunststoffpaletten zu 100 % recyclingfähig sind", so Albeck. Das erhöhe die Nachhaltigkeit zusätzlich. Aktuell prüfe trans-o-flex ein Konzept, um Kunststoffpaletten auch im Rahmen der Abholungen bei Kunden einzusetzen. Denn „die Vorteile der Kunststoffpaletten stoßen auch auf großes Interesse bei unseren Kunden."

 

Hoher Hygienewert entscheidend für den Einsatz in der Lieferkette

 

Auch im Bereich des Palettenpoolings scheint die Kunststoffpalette zunehmend gefragter, bestätigt Chep, Deutschlandsitz Köln: „Wir erleben ein zunehmendes Marktinteresse an unserem Modell zur gemeinsamen Nutzung und Wiederverwendung von Kunststoffpaletten", teilt das Unternehmen auf EUWID-Anfrage mit. Ein Grund für den Einsatz von Kunststoffpaletten ist laut Chep unter anderem der Hygienewert. Er sei in der ersten Phase der Lieferkette entscheidend, wenn Verpackungen und Inhaltsstoffe in den Produktionsbereich von Lebensmittel- und Haushaltswarenherstellern gelangen.

 

Im vergangenen Jahr habe die Kunststoffpalette vom Thema Lebensmittelsicherheit profitiert, das in verschiedenen Bereichen wichtiger wurde. Zudem werde der Preisunterschied zwischen Holz- und Kunststoffpaletten immer geringer. „Wir stellen fest, dass die Kunden lieber Paletten mieten, als sie selbst zu kaufen, wenn sie sich für einen Umstieg entscheiden", so Chep. „Die Preise sowohl für Holz als auch für Kunststoff steigen, aber in einem Share-and-Reuse Modell von Paletten werden diese viel effektiver genutzt, sodass die finanziellen Auswirkungen dieser Erhöhungen geringer sind als bei einem unternehmenseigenen Palettenpool", erläutert der Dienstleister.

 

Kunden entscheiden sich laut Chep vor allem aus zwei Gründen für Kunststoff und gegen Holz. Dies seien zum einen das mögliche Risiko einer Kreuzkontamination durch Holzspäne und der Auswirkungen von Verteuerung bei Einweg-Holzpaletten. Für den Einsatz eines Palettenpools anstelle eigener Kunststoffpaletten entscheiden sich laut Chep zudem die Kunden aufgrund des erhöhten Investitionsbedarfs und der Komplexität der Verwaltung eines Pools. Konkret zum Einsatz kommen Kunststoffpaletten bei Chep vor allem für Zutaten, Primärverpackungen und Halbfertigprodukte.

 

Paletten für den Transport von Glas-, PET- und Dosenbehältern

 

Aktuell im Aufbau befindet sich in Deutschland der Kunststoffpalettenpool der Cartonplast Group, Dietzenbach. Er umfasst laut dem Anbieter von wiederverwendbaren Transportverpackungen einige Tausend Paletten. Über Europa hinweg hat das Unternehmen nach eigenen Angaben sehr gute Erfahrungen mit dem Produkt gemacht, so dass hier bereits ein Pool von circa 50.000 Paletten zirkuliere. Die Cartonplast Kunststoffpalette wurde laut dem Unternehmen speziell für den Transport aller Arten von Glas-, PET- und Dosenbehältern entwickelt. Aufgrund ihrer Reinigungsfähigkeit sei sie optimal für die industrielle Anwendung in der Lebensmittel-, Kosmetik- oder Pharmaindustrie geeignet. Von den Rohstoffengpässen des vergangenen Jahres war Cartonplast weniger stark betroffen. „Wir pflegen eine enge Beziehung zu unseren langjährigen Lieferanten, die uns dadurch einerseits vorrangig bedienen und andererseits Sicherheitsbestände vorhalten", erläutert das Unternehmen. Außerdem werde ein Teil des Rohstoffbedarfs durch Material wieder gedeckt, das aus dem eigenen Pool stamme und dem Recycling zugeführt werde. „Die Idee, die sich dahinter verbirgt, ist ein vollständiger Closed-Loop-Cycle", berichtet der Anbieter.

 

Eine Herausforderung bezüglich der Kunststoffpalette sehe Cartonplast in der Veränderungs- oder Umstellungspassivität der Industrie bzgl. eines Wechsels von Holz auf Kunststoff. Allerdings zeigen die Erfahrungen, dass Kunden nach einer Umstellung sehr zufrieden mit dem Produkt seien. Stark an Bedeutung im Hinblick auf die Kunststoffpalette haben laut Cartonplast gerade in den vergangenen Monaten die Themen Nachhaltigkeit und Automatisierung gewonnen. Man sei davon überzeugt, dass durch Investitionen in Innovation und neue Technologien Ressourcen geschont und Serviceleistungen verbessert werden können. Unter anderem um für das Thema Industrie 4.0 gerüstet zu sein, verfüge die Cartonplast Kunststoffpalette über einen RFID-Chip, über den eine lückenlose Rückverfolgbarkeit und ein lebenslanges Tracking der Palette ermöglicht werden.

 

Nischenmarkt Kunststoffpaletten: Nachhaltigkeit als wichtiger Treiber (euwid-verpackung.de)

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